Offen sein gegenüber Fremden

Eine "globale" Christin: Anne Kress
Eine „globale“ Christin: Anne Kress

Wie der christliche Glaube und die Verbundenheit zu einer Gemeinschaft von Gläubigen einen Menschen nicht nur durch das Leben, sondern auch durch die Welt begleiten kann, dafür ist Anne Kress ein Beispiel.  

Familiäre Bande

Als Enkelin von Pfarrer Reinke und Tochter der langjährigen Diakonieschwester Ilse Kress wurde sie in eine Familie geboren, in der der Glaube im täglichen Leben präsent war. Geboren in Bagdad verbrachte Anne einen Teil ihrer Kindheit in Ghana. Erst im Alter von etwa zehn Jahren kehrte die Familie nach Deutschland zurück. Von nun an war sie Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Edewecht, der ehemaligen Wirkungsstätte ihres Großvaters. Hier ist sie auch konfirmiert worden. Doch das Studium und die erste Berufstätigkeit führten sie weg aus der Gemeinde und auch ein wenig aus dem Gemeindeleben.

Ein christliches Willkommen

Erst als sie nach ihrem zweiten Studium der Sozialpädagogik als Entwicklungshelferin nach Uganda ging, fand sie durch ein Schlüsselerlebnis wieder den Weg in eine christliche Gemeinde. Sie besuchte eines Sonntags eine kleine Dorfkirche vor Ort. Der Gottesdienst wurde in einer lokalen Sprache gehalten, aber sie konnte trotzdem der Predigt folgen, denn ein Gemeindemitglied hatte sich neben sie gesetzt und ihr alles ins Englische übersetzt. Dieses herzliche Willkommen hat ihr das Gefühl gegeben, dass sie dazugehört, und das hat ihr gut getan.

„Bete für mich“

Ihr weiterer beruflicher Weg führte sie nach Südafrika, wo sie unter den gläubigen Christen eine ihr von der Großmutter vertraute Verhaltensweise wieder fand. Man betete für andere, für Menschen, die krank waren oder irgendwie hilfsbedürftig. Auch sie wurde darum gebeten: Bete für mich, für mein krankes Kind. Genau das hatte ihre Großmutter getan, andere Menschen in ihr Gebet eingeschlossen. Was sie als Kind bei ihrer Großmutter noch belächelt hat, das hat Anne dort für sich entdeckt.

Die Offenheit und Herzlichkeit, mit der sie als Christin in den Gemeinden, auch als Weiße unter Farbigen, aufgenommen wurde, das hat ihr gut gefallen. Man lebte dort den Glauben, am Sonntag traf sich die Gemeinde nicht  nur zum Gottesdienst, sondern auch danach zum gemeinsamen Essen und Trinken.

Dort machte Anne auch ihre ersten Erfahrungen mit Bibelkreisen, man legte nicht nur das Wort Gottes aus, sondern sprach auch über persönliche Erfahrungen. Zu der intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Text kam eine emotionale.

Sonntag ist christlicher Feiertag

In den Jahren, in denen Anne in Vietnam arbeitete, gewann für sie der sonntägliche Gottesdienst eine wichtige Bedeutung. Da dort alle Tage gleich waren in ihrer Geschäftigkeit, war für sie diese Unterbrechung des Alltags mit Besinnung und Ruhe wichtig. Der Gottesdienst am Sonntag machte den Tag zu etwas Besonderen. Auf dem Land hörte sie im Internet einen Radiogottesdienst. In der Hauptstadt nutzte sie die Gelegenheit an einem überkonfessionellen Gottesdienst teilzunehmen. Katholische, anglikanische und evangelisch-lutherische Gläubige trafen sich zu einem Gottesdienst, der abwechselnd nach den verschiedenen Ordnungen gehalten wurde. Dabei wurde Anne klar, dass sie ihre Art zu glauben evangelisch-lutherisch geprägt ist.

Mehr Nähe zu den anderen

Nun lebt Anne wieder in Deutschland, zur Zeit in unserer Gemeinde und nimmt hier an den Gottesdiensten und am Gemeindeleben teil, wobei sie manchmal die offene Art aus Südafrika vermisst. „ Es wäre schön, wenn der Glaube bei uns lebendiger und offener wäre, nicht nur Privatsache“, das wünscht sich Anne. Ihre Erfahrungen, als Fremde in einer Gemeinde aufgenommen zu werden, lassen sie heute darauf achten, auf andere Menschen, die hier fremd sind, zuzugehen. Eine freundliche Begrüßung, ein paar Worte zum Abschied, das sind kleine Gesten, die fremden Menschen das Gefühl geben, willkommen zu sein.

Erika Külbel-Schmidt

 

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